Bericht zur Fachtagung «Kinderrechte und Capabilities in der SSA» vom 09.02.2017

Mit der Schulsozialarbeit hat sich in den letzten Jahren ein Handlungsfeld innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe etabliert, das sich mittlerweile vielerorts über einen reinen Pionierstatus hinaus entwickelt hat. Ein Gesamtüberblick über die Schulsozialarbeit in der Schweiz zeigt allerdings, dass sowohl die Praxis, als auch die Strukturen und Konzepte regional durchaus unterschiedlich ausfallen. Vor diesem Hintergrund haben sich auf Einladung des Berufsverbands AvenirSocial, des Schulsozialarbeitsverband SSAV und der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW rund 140 Interessierte aus der Schweiz zusammengefunden, um die Frage zu diskutieren, wie ein übergreifender Orientierungsrahmen für die Schulsozialarbeit aussehnen könnte, über den sowohl eine gemeinsame fachliche Basis deutlich wird, als auch lokalspezifische Besonderheiten fachlich begründbar werden. Alle Keynotes, weitere Informationen und die noch zu erarbeitenden Umsetzungen der Projektgruppe sind jeweils aktualisiert zu finden auf der Website: http://www.rights4kids.ch

Ausgehend von der These, dass sich Soziale Arbeit für Gerechtigkeit einsetzt, wurde an dieser Tagung diskutiert, wie Kinderrechte und der Capability Approach für die Praxis der Schulsozialarbeit konkretisiert werden können. Die UN-Kinderrechtskonvention wurde im Jahr 1997 von der Schweiz ratifiziert und fordert alle Institutionen und Dienste dazu heraus, Beiträge zur Realisierung von Kinderrechten zu leisten. Der Capability Approach als eher philosophisch fundierte Orientierung begründet die Zielsetzung, Kindern jene Befähigungen und Verwirklichungschancen zu vermitteln, die sie benötigen, um ein gutes Leben leben zu können.

Worauf beruft sich letztlich das Angebot der „Sozialen Arbeit in der Schule“?
Wohl auf der nachgewiesenen Notwendigkeit eines Unterstützungs-und Förderangebots für Kinder und Jugendliche in der Schule. Der Boom der SSA ist unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass für ‚Schulen in Not’ zur rechten Zeit das richtige Angebot bereit stand. Zum anderen basiert die grosse Ausweitung der SSA auf dem Bewusstsein, dass die Situation von Kindern und Jugendlichen nach wie vor sehr fragil ist und es entsprechende Massnahmen auch auf Schulseite braucht. Schulsozialarbeit ist Teil der Kinder- und Jugendhilfe!

Laut österreichischem Bundesministerium für Familien und Jugend: umfasst die Kinder- und Jugendhilfe Leistungen öffentlicher und privater Kinder- und Jugendhilfeträger, die dazu beitragen, die Rechte der Kinder und Jugendlichen auf Förderung ihrer Entwicklung und Erziehung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu unterstützen, sie vor allen Formen der Gewalt zu schützen und die Erziehungskraft der Familien zu stärken.

In Deutschland wird im Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990) umschrieben, dass demnach die Jugendhilfe zur Aufgabe hat, zur Verwirklichung des Rechts Kinder und Jugendlicher auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten beizutragen. Weiterhin soll sie den Abbau von Benachteiligungen und die Schaffung bzw. Erhaltung positiver Lebensbedingungen junger Menschen und ihrer Familien unterstützen.

Auch in der Schweiz werden Forderungen in der Strategie für Kinder- und Jugendpolitik festgelegt: Mit den drei zentralen Strategien Schutz, Förderung und Mitwirkung wird das Ziel verfolgt, «den Schutz, das Wohlergehen und die soziale Integration aller Kinder und Jugendlichen mittels öffentlicher Tätigkeiten, Massnahmen und Einrichtungen zu gewährleisten, um so die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern und ihren Interessen und Bedürfnissen gerecht zu werden, unabhängig von Geschlecht, sozialer Zugehörigkeit, Herkunft oder Behinderung. Dabei sind differenzierte Politiken mit vielfältigen Instrumenten und Zielen zu formulieren.»

In der Schweiz wurde im Bericht „Gewalt und Vernachlässigung in der Familie: notwendige Massnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und der staatlichen Sanktionierung“ festgehalten, dass:  die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe Eltern in der Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgabe unterstützen, Kindern und Jugendlichen Lern- und Bildungsgelegenheiten ausserhalb der Schule eröffnen und insgesamt darauf hin wirken, dass Kinder und Jugendliche günstige Bedingungen des Aufwachsens vorfinden... Kinder- und Jugendhilfe wird somit nicht erst dann zuständig, wenn schwerwiegende Auffälligkeiten oder Abweichungen wahrgenommen werden, sondern richtet sich an alle Familien, Kinder und Jugendliche mit ihren je unterschiedlichen Unterstützungserfordernissen. Sie umfasst demnach nicht nur Intervention bei bestehenden bzw. vermuteten Kindeswohlgefährdungen, sondern immer auch die Bereitstellung von frühen Unterstützungsangeboten.

Für weitere Auskünfte zur Tagung und zum Projekt könnt ihr euch gerne auch bei den Vorstandsmitgliedern Veronica Graber, Rahel Lischer, Anja Bergk (nur Tagung) und mir erkundigen.

Ady Baur-Lichter